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Mandoline - Instrument des Jahres 2023: Schirmherr Dr. Alexander Becker MdL

Was für eine glückliche Entscheidung der Konferenz der Landesmusikräte, die Mandoline zum Instrument des Jahres 2023 zu küren. Auch wenn sie heute unter den Instrumenten vielleicht eher einen Exotenstatus besitzt, war es immer auch ein Instrument, das es schaffte, Brücken zu bauen – und dies in unterschiedlichsten Ausprägungen bzw. aus unterschiedlichsten Perspektiven. Die Freude beim Dachverband Bund Deutscher Zupfer, aber auch in vielen Landesverbänden ist daher groß, diesen Kosmos, der sich bei der Beschäftigung mit der Mandoline auftut, nun in diesem Jahr mit allen teilen zu können, die sich für dieses Instrument interessieren.

Die Schirmherrschaft für das Instrument des Jahres in Baden-Württemberg hat der Vizepräsident des BDZ Baden-Württemberg, Herr Dr. Alexander Becker MdL, übernommen. Neben der Politik und der Leitung des Max-Reger-Instituts in Karlsruhe dirigiert er eines der führenden Zupforchester Deutschlands, das Mondolinen- und Gitarrenorchester Ötigheim 1924 e.V., das sein musikalisches Niveau schon mehrfach beim Deutschen Orchesterwettbewerb unter Beweis gestellt hat. 

Historisch gesehen schlägt die Mandoline die Brücke von der Barockzeit, in der sie z.B. mit den Solokonzerten Vivaldis ihre erste Blüte erlebte, über die Klassik – ja, auch Mozart und Beethoven komponierten für sie – über die Klassische Moderne mit Mahler, Schönberg oder Stravinsky, bis hin zur Postmoderne, in der so berühmte Komponisten wie Hans-Werner Henze, Pierre Boulez oder Bernd-Alois Zimmermann für die Mandoline schrieben. Und sie hat im 20. Jahrhundert selbstverständlich auch Einzug in die Popularmusik gehalten.

Eine weitere Besonderheit ist, dass die Mandoline sowohl Solo- als auch Orchesterinstrument ist. So gab es namhafte italienische Mandolinenvirtuosen bereits im 18. Jahrhundert, und es wird berichtet, dass die Mandoline das Mode-Instrument der Pariser Salons war. Auch heute noch haben wir bspw. mit Avi Avital einen international bekannten Virtuosen mit prominentem Plattenvertrag.

Noch interessanter ist vielleicht die Entwicklung der Mandoline als Orchesterinstrument, nämlich als Instrumentenfamilie im Zupforchester. Hier in Baden-Württemberg haben wir die ersten Ensembles um 1900 der Nähe zu Frankreich und der Mittlerfunktion des Elsass zu verdanken, denn die Mandoline verbreitete sich Ende des 19. Jahrhunderts zunächst über die romanischen Länder.

In diesem Zusammenhang ist auch eine sozialgeschichtliche Brücke zu entdecken. Entstammt die Mandoline als Nachfolgerin der Laute auf den ersten Blick eher dem höfischen Bereich, was sich im Virtuosentum des 18. und 19. Jahrhunderts und in den klassischen Kompositionen für Mandoline fortsetzt, so war sie doch auch immer ein Volksinstrument.

Im deutschen Kaiserreich verbreitete sie sich zunächst in den bürgerlichen Kreisen der kleineren und größeren Städte. In der Weimarer Republik aber wurde sie geradezu zur „Geige des kleinen Mannes“. Die nun massenhaft gegründeten Mandolinenorchester erschlossen sich auch sinfonische Musik, die weiten Kreisen noch unzugänglich geblieben war. Bis heute sind in Deutschland die Zentren der Zupforchester nahezu deckungsgleich mit den Zentren der Industrie dieser Zeit: Baden, den Rhein entlang bis zum Ruhrgebiet sowie das Saarland. Und insbesondere war die Mandoline das Instrument der Wandervogelbewegung und eröffnete damit einer ganzen Generation den Weg zum Bildungsgut Musik, oft zunächst noch ohne Notenkenntnis der Musizierenden.

Die Mandoline stand damit immer über den Schranken der Klassengesellschaft, sie bildet seit der Barockzeit auch das „Brückeninstrument“ zwischen der Volks- und der Kunstmusik. Das Besondere ist: Man kann praktisch (fast) jede Musik auf ihr darstellen. Dies allein wäre schon Grund genug, sich dem Instrument des Jahres intensiver zuzuwenden als bisher.

Die Landesmusikräte küren seit 2008 jedes Jahr gemeinsam ein Instrument des Jahres. Jedes Bundesland beruft eigene Schirmherrinnen und Schirmherren und hat seine eigene Vorgehensweise, um das länderübergreifende Ziel zu erreichen, nämlich Neugier und Aufmerksamkeit auf die vielen Facetten, die Literatur und die Faszination zu lenken, die das Drumset zu bieten hat.

Fotograf: Bergmeister